Info- und Diskussions-Abend mit den Themenschwerpunkten
“Bezahlbares Wohnen und Erstwohnsitzbindung”
beim Schnapperwirt in Fischhausen am 05.02.2020
Es wurde rege diskutiert insbesondere über das Thema Bezahlbares Wohnen und Zweitwohnsitze, wozu Horst Teckhaus einen Vortrag vorbereitet hatte, den sie hier nachlesen können:
Bezahlbares Wohnen in Schliersee
- Wohnen wie Essen und Trinken ein elementares Bedürfniss.
- Bürger muß sich menschenwürdige Unterkunft leisten können.
- Bezahlbares Wohnen nicht nur in den Großstädten und Ballungszentren auch in unserem Landkreis ein großes Problem.
- Grundstücks- und Immobilienpreise besonders in den letzten Jahren erheblich gestiegen und damit auch die Mieten.
- Junge Leute und Menschen mit geringerem Verdienst können sich keine Wohnungen mehr leisten müssen Landkreis verlassen.
- Personalschwierigkeiten für Gewerbe, Behörden, Hotel- und Gastronomiebetriebe.
- Auch der Traum von den eigenen vier Wänden ist für viele nicht mehr realisierbar.
Gründe für diese starke Verteuerung des Wohnraumes:
- Knappheit an Wohnraum und Grundstücken wegen wachsender Nachfrage insbesondere durch mehr Zweitwohnsitze führen zu höheren Preisen.
- Bauliche Anforderungen an Gebäude und kommunale Vorschriften werden immer umfangreicher und damit Bauen teurer.
- Wenn Gemeinden den kommunalen Wohnungsbau völlig außer acht lassen, ihre Grundstücke also nicht selber bebauen oder nicht an Einheimische zu günstigen Konditionen übergeben sondern an Investoren und Spekulanten verkaufen. (Bei derartigen Geschäften ist die Korruption oft nicht weit).
- Üngezügelte Gewinnsucht von Bauträgern, Maklern und Vermietern. Im großen Stil angeheizt durch das Share Holder Prinzip bei großen Immobilien AG’s (z.B. Dax Konzern Vonovia), die ihren Aktionären unbedingt Dividenden und Aktienwertsteigerungen (seit 2016 verdoppelt) verschaffen wollen und damit alles aus den Immobilien herausquetschen. Mieter versa Aktionäre, ohne persönliche Kontakte.
Wie kann man dem Einhalt gebieten?
Angebote von Wohnraum müssen vergrößert werden. Private Bauten allein reichen nicht aus, da dadurch die Mietpreise nicht gebremst werden. Hier müssen kommunaler Wohnungsbau bzw. Baugenossenschaften mit günstigeren Bedingungen weiterhelfen. Die Kommunen können ihren eigenen Grund und Boden günstig einbringen. Um den Bestand an Grundstücken auf einem ausreichendem Niveau zu halten, muß die Gemeinde solche zu günstigen Konditionen erwerben, was u.a. wie folgt möglich ist.
Bei der Umwandlung von Grünland in Bauland bedarf es der Zustimmung der Kommunen .
Dadurch entsteht ein erheblicher Mehrwert der dem Eigentümer des Landes einen großen Gewinn einbringt. Diesem einseitigen Vorteil wollte die Bayrische Verfassung mit dem Artikel 161 Satz 2 einen Riegel vorschieben:
Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.
Nimmt man dieses Gesetz wörtlich könnte die Gemeinde diesen Mehrwert abschöpfen bzw. günstig an Grundstücke kommen. Ähnlich verhält es sich bei der Umwidmung von Gewerbe- in Wohngebiet. Auch hierbei muß die Gemeinde zustimmen und diese Flächen erfahren ebenfalls eine deutliche Wertsteigerung.
Dieser Artikel der Bayrischen Verfassung wird in der Praxis aber so nicht vollzogen. Es gibt allerdings inzwischen Gemeinden, die bei derartigen Steigerungen des Bodenwertes z.B. ein drittel der Flächen zu einem günstigen Preis erwerben, während die anderen zwei drittel vom Grundbesitzer frei veräußert werden können. Das ist eine Win-Win Situation für alle Beteiligten, den Grundbesitzer, die Kommunen und natürlich die Bürger als Mieter oder Hausbauer.
Während der Amtszeit des Herrn Schnitzenbaumers gab es eine Reihe von Möglichkeiten Grund zu erwerben, die aber alle nicht genutzt wurden. Profitieren hingegen taten nur ein paar Priviligierte:
Neuhaus Grünseestraße –> Steigerung des Bodenwertes € 2.4 Mio
Schliersee Urtlbachstraße –> Steigerung des Bodenwertes € 1.4 Mio
Schliersee Breitenbach –> Steigerung des Bodenwertes mind. € 8,0 Mio
Neuhaus Waldschmidtstraße Krettenburgstraße –> Steigerung des Bodenwertes mind. € 1,0 Mio
Allein bei diesen Beispielen hätte die Gemeinde durch eine Wertabschöpfung von einem Drittel mindestens € 4,0 Mio erzielen oder Grundstücke erwerben und damit kommunalen Wohnungsbau finanzieren können, was aber nicht geschah.
Eine unüberlegte folgenschwere Entscheidung der Gemeinde war der Verkauf der Sozial-Siedlung an der Gruppenschule an einen privaten Investor zu einen Schleuderpreis. Die Häuser wurden dann saniert und mancher Altmieter konnte sich die neue Miete nicht mehr leisten.
Der Verkauf von kommunalen Wohnungen ist nicht nur ein großer Fehler der Schlierseer CSU das gilt auch bayernweit in ganz großem Stil bei der Privatisierung staatlicher Münchner Wohnungsbaugesellschaften. Das führte in den weiteren Jahren zu einer rasenden Mietpreissteigerung und damit zu einer völligen Veränderung der Bevölkerungsstruktur in den Stadtteilen.
Hier in Nachbargemeinden tut man inzwischen etwas für die eigenen Bürger, wie z.B. Hausham, Gmund, Weyarn. Das Kommunalunternehmen der Gemeinde Bad Wiessee (KBW) hat im Tal ein einzigartiges Wohnprojekt realisiert: Ein Mehrgenerationenhaus mit 14 Wohneinheiten. Damit will man Familien mit Kindern, Alleinerziehenden, älteren Menschen und Wohnungslosen unter die Arme greifen. Dieses Projekt mit Gesamtkosten von 3,00 Mio wird von der Regierung aus dem Wohnungsbauprogramm des Innenministeriums mit 1,84 Mio gefördert. (Nebenbei: Heimatmuseumsanbau Schliersee kostete etwa 4,0 Mio)
Erklärung der Regierung dazu: „Die Förderung hilft in erster Linie einkommensschwächeren Familien, eine angemessene Wohnung zu bekommen oder sich den Wunsch vom Eigenheim oder von einer Eigentumswohnung zu erfüllen“
Einen derartigen Leitsatz hätte sich unsere Gemeinde einmal auf die Fahnen schreiben sollen und nicht den Schwerpunkt darauf legen, Investoren, Spekulanten und Spez’l zum Schaden der bedürftigen Einheimischen mit großzügigen Geschenken zu überhäufen.
Weitere Möglichkeiten gegen Wohnraumnot:
- Wohnraumverdichtung wie leerstehende Grundstücke bebauen lassen wenn notwendig auch mit Zwang.
- Ausbau von leerstehenden Gebäuden zu Wohnzwecken.
- Intensiverer Gebäudeausbau und Teilungen. Dazu muß man ggfls.die Ortssatzungen sinnvoll überarbeiten und über größere Bauvolumen, Traufhöhen, Gauben, Quergiebeln und Außentreppen nachdenken.
Herr Dürr hat im Zusammenhang mit dem Nahkauf Neuhaus erneut eine Möglichkeit von bezahlbarem Wohnraum auf dem Dach des Geschäftes vorgestellt (Gemeinderatssitzung 17.09.2019). Damit sah sich der völlig überraschte Bürgermeister gezwungen, nun doch endlich einmal aktiv zu werden. Es fällt ihm bei nächtlichem Denken wie Schuppen von den Augen, daß es da noch ein Grundstück am See (Stichwort: Gruppenschule) gibt, welches er vor ein paar Jahren noch so gut wie sicher an Kroha verkaufen wollte. Nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid, der von Herrn Dürr angestoßen wurde, und dem gescheiterten Ratsbegehren des Bürgermeisters, wollte Schnitzenbaumer das Grundstück möglichst teuer verkaufen, was allerdings scheiterte. Den Gedanken des Herrn Dürr folgend, kündigt er nun an, dieses Grundstück für einen kommunalen Wohnungsbau nutzen. (siehe auch Leserbrief von Herrn Teckhaus zu einem Artikel im Miesbacher Merkur vom 17.10.2019 ). Er wird vom Gemeinderat beklatscht. Tatsache aber ist, daß Herr Schnitzenbaumer auf solche sozialen Ideen erst gar nicht gekommen wäre und somit galt der Beifall letztendlich Herrn Dürr.
Bei den Wahlkampfflyern und Internetauftritt der CSU werben-man höre und staune- einige Kandidaten mit dem Thema: „Bezahlbares Wohnen“. Hat Herr Dürr mit seinem wiederholten Vorstoß in den Köpfen der CSU etwas bewirkt ? Wohl kaum. Leere Worte, die nicht länger als bis zur Wahl halten, denn letztendlich verträgt sich die Spez’l Wirtschaft der CSU nicht mit Sozialer Verantwortung der Gemeinde gegenüber insbesondere nicht mit dem Thema „BezahlbaresWohnen“, wenn man die Vergangenheit einmal kritisch Revue passieren läßt.
Lange Rede kurzer Sinn: Bgm Schnitzenbaumer mit seinen Anhängern hat nichts in seiner 14 jährigen Amtszeit für bezahlbares Wohnen oder Eigenheimbildung getan, also auch keine Möglichkeiten genutzt, günstigen Baugrund zu erwerben oder Wertabschöpfungen vorzunehmen. Im Gegenteil hat man Grundstücke verkauft, um möglichst schnell Fehlentscheidungen und Unterlassungen der Gemeinde zu vertuschen und zu finanzieren.
Solch eine Mißwirtschaft muß aufhören. Also packen wir die PWG es jetzt an mit einem wirtschaftlich versierten und verantwortungsbewußten Bürgermeisterkandidaten.
Zweitwohnsitze
Zweitwohnsitze in Schliersee sollten auf das Notwendigste beschränkt werden, da diese aus verschiedenen Gründen für die Ortsentwicklung nicht geeignet sind. Dazu gehört auch eine Verhinderung von erschwinglichem Wohnen. Zweitwohnsitze sind teurer als Erstwohnsitze, da sich viele Auswärtige bewerben und höhere Preise zahlen können. Das ist zwar für die Immobilienverkäufer und deren Makler ein lohnendes Geschäft, nur die bedürftigen Einheimischen können bei dieser sich bildenden Preisspirale nicht mithalten. Oftmals bleiben die Wohnungen/Häuser leer.
Geschäfte profitieren kaum von Zweitwohnsitzen, da deren Bewohner selten vor Ort sind. Die Kinder gehen hier nicht in die Kita, Kindergarten oder Schulen und am Vereinsleben nehmen sie auch nicht teil. Freundschaften oder bürgerliche Kontakte können sich kaum entwickeln und die Teilnahme am gemeindlichen Leben bleibt aus. Die soziale Intergrierung fehlt, die Zweitwohnsitzbesitzer bleiben weitgehend fremd.
Herr Schnitzenbaumer ignoriert dieses Problem und handelt sogar genau entgegengesetzt.
Im Falle Fichtner z.B. wurde bei der Aufstellung des Bebauungsplanes festgelegt, daß maximal 25% des Bauvolumens für Zweitwohnsitze ausgewiesen werden, was schon viel ist. Der Rest also 75% waren dem Erstwohnsitz vorbehalten. Im Notarvertrag wurde dann aber eine Erstwohnsitzbindung von nur 50% vom Bürgermeister unterschrieben. In einer späteren Gemeinderatssitzung kann er sich seltsamer weise nicht erklären, wie sich diese Zahl in den Notarvertrag eingeschlichen oder besser, wer das hineingeschrieben hat. Fakt aber ist, daß Herr Schnitzenbaumer den Notarvertrag unterschrieben hat und damit die volle Verantwortung für dieses Dokument trägt. Mit seinem verwunderten Nichtwissen in der Gemeinderatssitzung begibt er sich in das Reich der gefährlichen Debilität.
All das verdeutlicht , daß eine verantwortliche Wohnraumpolitik unter dieser Gemeindeleitung vollkommen ausgeblendet wurde. Ist das Fahrlässigkeit, Dummheit oder gezielte Verhinderung ?
Wir müssen alles dafür tun, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die Erstwohnsitzbindung zu fördern und zu fordern. Das aber ist mit diesem Gemeinderat nicht möglich und deshalb bedarf es eines neuen Bürgermeisters und einer weitgehenden Erneuerung des Gemeinderates
Horst Teckhaus
Goldgrube Bauland – Das große Geschäft mit Grund und Boden
„Die Story im Ersten“ Montag 03.02.2020 um 22:45 – Verfügbar bis 03.02.2021 – Letzter Aufruf: 06.02.2020
Der gesamte Beitrag sagt viel über die grundsätzlichen Probleme bei Grund und Bodenspekulationen aus. Wie man diese beispielhaft in den Griff bekommt, erfährt man ab der 34. Minute des Films.
Kernaussagen des Beitrages:
- Wohnpolitik muß nachhaltig sein sagt Oberbürgermeister Günter Zisch.
- Auch wenn in Ulm Grundstückspreise steigen, so doch sehr moderat.
- Ulm gehören 40% des Grund und Bodens.
7 Punkte, die sich Ulm auf die Fahnen geschrieben hat:
- Behalte Deine Schätze, hier also Grund und Boden:
Vor etwa 20 Jahren war es gang und gäbe, daß Städte ihre Wohnungen an Privatinvestoren verkauften ( München im großen Stil. Schnitzenbaumer verramschte dann später noch die Häuser der Gruppenschule).
Ulm verkaufte ihre Wohnungsbaugesellschaften nicht. - Sorge vor!
Ulm kauft seit 125 Jahren Land auf Vorrat. Momentan kauft sie Land zu einem Preis zwischen € 40,– bis € 80,–. Was passiert, wenn ein Eigentümer mehr will? - Dann bekommt er kein Baurecht und kann somit nicht verkaufen:
Baurecht nur dann, wenn Stadt im Besitz der Grundstücke ist. - Handle wirtschaftlich!
Baureifes Land verkauft auch die Stadt Ulm und zwar mit Gewinn, nutzt aber die Erträge für neue Bodenkäufe. Für Spekulanten ist Ulm völlig uninteressant. - Unterstütze die lokale Privatwirtschaft!
Die örtlichen Immobilienunternehmer schätzen die Zuverlässigkeit der Stadt. Denn durch deren Bodenbevorratung gibt es zahlreiche bezahlbare Bauvorhaben und die Bauunternehmer haben volle Auftragsbücher. - Zuerst Gemeinwohl, aber private Investoren sind willkommen, solange man die Spielregeln beachtet!
Das ist keine Planwirtschaft sondern Chancengleichheit für alle. Wenn Ulm
€ 250,– für erschlossenen Wohnraum verlangt und ein Spekulant will € 1.000,– haben, so wird er sein Bauland nicht veräußern können. Somit wird Spekulation stark gebremst. - Ulmer Wiederkaufsrecht!
Ein unbebautes Grundstück, das von der Stadt an private Bauwillige verkauft wurde, darf man nie an Dritte weiterverkaufen, sondern nur ans Rathaus zurück. Wenn man innerhalb von 3 Jahren nicht baut, muß das Grundstück wieder an die Stadt abgetreten werden.